Dienstag, 14. Februar 2017

Eine Hypothese zum bundesdeutschen Grundgefühl

Vorgestern las ich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (12.2.2017, S. 32) das Interview mit dem Wirtschaftshistoriker Moritz Schularick. Das Fazit seiner Forschung ist im Titel des Gesprächs verdichtet:

"Häuser lohnen sich mehr als Aktien".

Am Ende sagt er:
"Die Deutschen verhalten sich in Fragen der Geldanlage sehr merkwürdig, um es gelinde auszudrücken. Denn sie haben im Vergleich zu anderen Ländern nicht nur eine geringere Immobilienquote, sondern auch eine geringe Aktienquote. All die Extra-Renditen, die es sowohl am Häusermarkt als auch an der Börse auf lange Sicht zu holen gibt, lassen sie einfach liegen. Woher diese Angst vor dem Risiko kommt, wäre eine Forschungsarbeit wert".

Die Angst vor dem Risiko: hat sie zu tun mit unserer Geschichte? Hat sie sich verändert seit 1870 - dem Zeitraum der Forschung von Moritz Schularick? Nach zwei Orgien der Zerstörung? Vielleicht gibt es eine tiefe Skepsis vor der Zukunft? Ich erinnere die vielen (repetiven) Erzählungen meiner Großmutter, die mit einem Köfferchen ihres tragbaren Besitzes vor den Bombardierungen in die Esser Bunker rannte. Die Scheu, sich festzulegen mit seinem Besitz - ist sie ein Erbe der deutschen Erfahrungen schwerer Zerstörung? Möglicherweise sind wir noch immer auf dem Sprung. Wobei natürlich unklar ist, wie Viele es untergründig sind. Und möglicherweise ist es das Gefühl von Alarmiertheit  - das sehr kontrastiert mit dem augenfälligen, aber offenbar unsicheren Wohlstand in unserer Republik. 


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