Dienstag, 16. Mai 2017

Drei Vermutungen zur Lähmung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Die Landtagswahl in NRW war für die sozialdemokratische Partei kein Erfolg. Sie haben, von Ferne gesehen, eine schlechte Figur abgegeben: zu ängstlich, zu sehr in der Defensive, zu viel Rechtfertigung, zu viel Konfusion, zu wenig Linie. Jetzt, nach der Wahl, die hier und da (mit dem herablassenden Schulterklopfen des Mitleids) mit einer 0:3-Niederlage quittiert wird, wirkt die einst stolze Partei: verzagt, aus dem Tritt. Die Beteuerungen, dass es beim  nächsten Mal, bei der nächsten Chance .... besser ... , wirken wie Bestätigungen der Hilflosigkeit. Was lähmt die führenden Leute dieser Partei?

1. Franz Münteferings Satz Opposition ist Mist  - ist Mist. Der Affekt des Gekränktseins ist kein politisches Konzept. Regierungs-Teilhabe zur Psycho-Hygiene des Macht-Wunsches kann nicht das erste Ziel sein, sondern die mutige, selbstbewusste Kommunikation eines vernünftigen politischen Konzepts. Wie tragfähig es ist, muss man sehen. Das zu riskieren und darüber gründlich zu streiten, trauen sich die SPD-Leute nicht: sie wollen - wie das früher in den 50er Jahren so schön hieß, als das sehr verpönt war - nicht anecken. Sie fürchten noch immer das Klischee der Arbeiterpartei - heute las ich es wieder im Kommentar der Zeitung für die klugen Köpfe (16.5.2017, S.1, Nr. 113) bei Jasper von Altenbockum, der mit der Vokabel linksliberale Arbeiterrepublik spielte. Für ihre Politik müssten sie hemdsärmelig streiten - nicht mit lauwarmen Floskeln.

2. Die große Koalition verpflichtet. Man kann, scheinen die SPD-Leute zu glauben, schlecht sagen: die gemeinsame Politik haben wir hier und da nur widerwillig (aus Geschäftsgründen) getragen und wir haben ihr dann zugestimmt, obwohl wir nicht zustimmen wollten (Beispiel: Maut-Theater). Man kann es doch. Man müsste sich trauen, redlich zu sein, und angeben, wo man unredlich war. Jeder kennt das: irgendwo beugt man sich einem Konsensus, den man nicht teilt, aber dem man nicht zu widersprechen wagt. Deshalb, glaube ich, würde die sozialdemokratische Partei punkten. Nach dem Polit-Kitsch der rührseligen Umarmung mit dem Zähneknirschen oder Nägelkauen der unbarmherzigen Krämer (... Freunde müssen wir sein .....sonst ....) und des konzeptionslosen Wurschtelns wäre ich dankbar für ehrliche Töne.

3. Nachkarten ist unfein. Manchmal aber muss man es nachholen - dem eigenen Stolz zuliebe, auch wenn es reichlich spät kommt. Deshalb müssten sich die SPD-Leute ihre Politik des Macht-Erhalts selbstkritisch vornehmen - und sich dann mit der christdemokratischen Regierung streiten und die eigenen, deren und die gemeinsamen Manöver beschreiben. Das wär' doch was: die alternativlose Politik bekäme andere Gesichter - die Politik ohne Politik ( s. meinen Blog "George Packer was here", vom 3.12.2014) würde nicht mehr durchgehen. Auf Zehenspitzen kann man sich schlecht Gehör verschaffen.

(Überarbeitung: 17.5.2017)

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